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Oerlinghausen
Volkschor ?Eintracht? Oerlinghausen blickt auf eine 140jährige Geschichte zurück
?Vom Tönsberg schalle unser Sang?
1867 wird Otto von Bismarck Kanzler, Karl Marx veröffentlicht den ersten Band von »Das Kapital« und der russische Zar verkauft Alaska an die USA. In diesem Jahr wird auch ein Gesangverein gegründet, der heute den Namen Volkschor ?Eintracht? Oerlinghausen trägt. Er ist eng mit der Geschichte der Stadt verknüpft.
Es waren sangesfreudige Turner, die den Verein als reinen Männerchor gründeten. Zu der Zeit lebten in Oerlinghausen etwa 1.600 Menschen. Der Chor sang 1875 zur Einweihung des Hermannsdenkmals, 1926 bei der Verleihung der Stadtrechte an Oerlinghausen und zum Geburtstag von Adolf Hitler 1933. In jenem Jahr schließen sich der Gemischte Chor Liedertafel und der Männergesangverein Eintracht zum Gesangverein Eintracht Oerlinghausen zusammen. Dies inspirierte Bürgermeister August Reuter, einen Singspruch zu verfassen: »Du Stadt am Berge, hoch und frei, Dir bleibe ich im Liede treu. Vom Tönsberg schalle unser Sang allzeit ins freie deutsche Lipperland.« Mit diesen Worten hat der Gesangverein bei allen Sängertreffen seine musikalische Visitenkarte abgegeben.
Auch beim Geburtstagskonzert im Kastanienkrug kam der ?Oerlinghauser Sängerspruch? ebenso zur Geltung wie das sinnfällige ?Heut ist ein wunderschöner Tag? und das ?Lipperlandlied?. Musikalische Grüße überbrachten der befreundete Gesangverein ?Harmonie? Lieme, die ?Herbstzeitlosen? aus Bielefeld spielten einige Szenen ihres Theaterprogramms.
Die Vorsitzende des Chores, Margot Fuchs, und ihre Stellvertreterin Margarete Quermann begrüßten zum Konzert zahlreiche Freunde und Förderer, Vertreter der Stadt und der Ratsfraktionen als Gäste. Das Jubiläum müsse gefeiert werden, meinte Margot Fuchs, »denn wir sind ja in die Jahre gekommen.« Ihren geschichtlichen Rückblick kommentierten die beiden Vorsitzenden mit den Worten »Unser Chor war immer präsent.«
Auch während der Kriegszeit wurde gesungen, es gab große Konzerte zugunsten des Roten Kreuzes und des Winterhilfswerkes. Da immer mehr Sänger zum Militär mussten, wurde die Chorarbeit 1943 eingestellt. Mit Genehmigung der Militärregierung konnte 1946 ein neuer Frauen- und Männerchor gegründet werden: der Volkschor Oerlinghausen. Es war üblich, in der kalten Jahreszeit zu jeder Probe ein Stück Holz mitzubringen, um den Übungsraum zu heizen. 1949 lautete die neue Bezeichnung Volkschor ?Eintracht? Oerlinghausen. Es konnte sogar ein gebrauchtes Klavier angeschafft werden, nachdem bislang ein privates Instrument genutzt wurde. Bis in die achtziger Jahre bildete der Sängerball im Februar ein Höhepunkt des Vereinslebens.
Da immer weniger Männer singen wollten, stand der Chor 1990 kurz vor seiner Auflösung. Er tritt heute als reiner Frauenchor bei zahlreichen Gelegenheiten öffentlich auf. Auch Einladungen zu privaten Feiern werden gern angenommen. Seit 2001 liegt die musikalische Leitung in den Händen von Sandra Botor, Studentin aus Detmold. ?Mit großem Vergnügen?, wie sie betonte, denn die Stimmung bei den Proben sei überaus gut und fröhlich.
20 aktive und 23 passive Mitglieder hat die ?Eintracht? derzeit. Am längsten ist Luise Kehl dabei, sie gehört dem Chor bereits seit 60 Jahren an. ?Das hat in unserer Familie Tradition?, erzählte die 87jährige, ?bereits mein Vater und mein Bruder haben schon gesungen?. Nach so langer Zeit würde sie ihre Altstimme gern schonen, meinte sie. ?Eigentlich wollte ich ja jetzt aufhören, aber das haben meines Sangesschwestern nicht zugelassen?. Und so wird sie auch weiterhin regelmäßig die Übungsabende donnerstags ab 20 Uhr in der Heinz-Sielmann-Schule besuchen. (red)
Foto 1: Derzeit singen im Chor ?Eintracht? Oerlinghausen 20 aktive Sängerinnen, die Leitung hat Sandra Botor (rechts).
Foto 2: Die Vorsitzende Margot Fuchs (rechts) und ihre Stellvertreterin Margarete Quermann blickten auf die lange, wechselvolle Geschichte des Chores zurück.
Foto 3: Der Chor ?Harmonie? Lieme unterstützte die Oerlinghauserinnen bei ihrem Geburtstagskonzert
eingetragen: 10.10.2007 - 08:47 Uhr
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