Leopoldshöhe

Lesung mit Wladimir Kaminer: ?Liebesgrüße aus Deutschland?
In Asemisser Festhalle wackeln die Wände

Leopoldshöhe-Asemissen (pk). Der Erfinder der ?Russendisko? las vergangene Woche in der Festhalle Asemissen aus seinem neuen Erzählband ?Liebesgrüße aus Deutschland? und begeisterte sein Publikum. Er wirkte etwas unsortiert, aber die Zuhörer waren schon amüsiert als er noch seine lose Blättersammlung zu sortieren versuchte. Wladimir Kaminer ist kein sturer Vorleser. Nein, immer wieder gibt er kleine Anekdoten zum Besten. Am liebsten analysiert er die Unterschiede zwischen Russen und Deutschen. Das macht er auf seine ganz eigene, humoristische Weise und das äußerst treffend. ?Es sind alles wahre und selbst erlebte Geschichten. Manchmal vielleicht ein bisschen übertrieben, aber dafür wahr? erklärt er. Mit diesen, etwas skurrilen Geschichten, nimmt er den deutschen Alltag ein wenig auf die Schippe. Erst 1990 kam Kaminer aus der Sowjetunion nach Ost-Berlin. Seine Wahlheimat sieht er mit viel Verständnis für dessen Eigenarten und sein russischer Akzent passt wunderbar zu seiner Erzählkunst. Zum Lachen bringt er sein Publikum mit Sätzen wie: ?Im Russischen gibt es das Wort ?Einverständniserklärung? nicht. Warum nicht? - weil die Russen niemals um Einverständnis fragen.?
Wahllos trägt er seine Geschichten aus dem neuen Buch vor. Nein, das stimmt nicht ganz. Die Geschichte aus ?Lemgo?, die musste er auf Wunsch des Publikums vortragen. Diese witzige Geschichte schrieb er 2007, nach seiner ersten Lesung dort. Er besuchte Lemgo im Rahmen der Reihe ?Kaminers Reisen?. Kaminer hat die Menschen sehr gut beobachtet und treffend beschrieben; nicht nur für Lemgoer eine spaßige Angelegenheit - mal sehen wie die Leopoldshöher in einem seiner nächsten Bücher abschneiden.
?Der Deutsche Mann?, auch so eine humorvolle Geschichte in der sich Kaminer mit den Umgangsformen der orientalischen und der deutschen Männer beschäftigt. Hier ein kleiner Auszug: ?? Die deutschen Männer der Gegenwart haben großen Respekt vor Frauen ? wenn sie sich bei einer Frau einschmeicheln, tun sie es nicht mit sexistischen Witzchen, sondern auf politisch korrekte Art, als wäre die Frau ihr Vorgesetzter. Sie reden über Fußball, Kino, Mehrwertsteuer. Die Kunst der übertreibenden reizenden Komplimente hat den Sprung in diese emanzipierte Welt nicht geschafft, da halten sich deutsche Männer zurück. Die Einzigen Männer die sich plumpe Umgangsformen mit den Frauen erlauben, sind Männer aus sogenannten orientalischen Kulturkreisen. Selbst diese jungen Männer beherrschen noch die alte Kunst, die Frau mit einem durchgeknallten Spruch zum Schmelzen zu bringen. Wenn sie verliebt sind, strotzen sie vor Komplimenten, obwohl man bei diesen Männern nie sicher sein kann, ob sie tatsächlich verliebt sind oder nur so tun. Das, was sie den Frauen sagen, ist lächerlich und eine Lüge noch dazu, es klingt, als ob einer versuchen würde, die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht in einem Satz zusammenzufassen: ?Du hast so süße Augen ? hat dein Vater eine Zuckerfabrik?!? Jeder normale Mensch würde sich schämen, so etwas auch nur zu denken. ?Eine Zuckerfabrik! Was für eine billige, beleidigende Anmache!? Das Traurige ist: Sie funktioniert...?
Klasse Unterhaltung mit viel Hintergrund und Augenzwinkern ohne Ende.
Viel Lob gab es auch für das Team der Gemeindebücherei, welches die Asemisser Festhalle liebevoll geschmückt und die Gäste bewirtet hatte. ?Es ist einfach nur klasse, was das Team an tollen Autoren nach Leopoldshöhe holt?, konnte man immer wieder vom Publikum hören.
Fotos: Petra Kretschmer (red)

Foto 1: Grazyna Zbierski (Mitte) empfängt mit ihrem Team den Autor Wladimir Kaminer (links)

Foto 2: Geduldig signierte der Autor seine Bücher

Foto 3: Der Entertainer und Autor braucht kein Rednerpult und keinen bequemen Sessel.

Foto 4: Wieder einmal eine ausverkaufte Lesung.

Foto 5: Zur Feier des Tages gab es Russischen Sekt und leckere Kaviar Cracker



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eingetragen: 29.05.2012 - 12:23 Uhr