Oerlinghausen

Kunstausstellung in Oerlinghausen
Mit spitzer Feder zeichnete Fritz Wolf seine »Satirische Chronik«

(gs). Mehr als 50 Jahre lang hat er mit seinen Karikaturen eine sehr persönliche Chronik der Bundesrepublik Deutschland erstellt: Durch jene gezeichneten Kommentare für Zeitungen und Zeitschriften wurde Fritz Wolf (1918 ? 2001) bekannt. Eine Ausstellung (?Satirische Chronik?) im Bürgerhaus, betreut vom Kunstverein Oerlinghausen, bietet einen Einblick in das Schaffen des Grafikers.
Wolf habe allen Ansprüchen eines guten Karikaturisten genügt, sagte Gisela Burkamp, die künstlerische Leiterin des Kunstvereins, bei der Eröffnung am Sonntag. Er habe Originalität, eine individuelle Handschrift und einen reichen Fundus an Wissen besessen. ?Sein widerborstiger Strich scheute die Schönfärberei?, sagte sie. Er sei bisweilen ruppig und kantig vorgegangen, jedoch habe er seine subjektive Sicht der Vorgänge in Politik und Gesellschaft stets glaubwürdig vorgetragen. Auch wenn sich Wolf in seinen Zeichnungen hart und bisweilen drastisch geäußert habe, sei er nie verletzend gewesen. ?Er ist einer großen und bildmächtigsten Karikaturisten?, meinte Burkamp weiter.
Der in Mülheim an der Ruhr geborene Wolf machte eine Lehre als Chemigraph und studierte an der Essener Folkwangschule Gebrauchsgrafik. Nach dem Kriegseinsatz kam er 1949 zur späteren Neuen Osnabrücker Zeitung und blieb bis zu seinem Lebensende für das Blatt tätig. Täglich äußerte er sich zum großen Weltgeschehen und zu den politischen Akteuren, zum Beispiel spießte er mit seiner Feder sämtliche deutschen Bundeskanzler auf. Seine Karikaturen wurden auch in vielen Blättern veröffentlicht abgedruckt. So nahm er 35 Jahre lang für Illustrierte wie ?Stern?, ?Brigitte? und ?Schöner Wohnen? die kleinen und großen Macken und Marotten der Deutschen aufs Korn. Beispiele dieser sozialkritischen »Bilder aus der Provinz« werden ebenfalls im Oerlinghauser Bürgerhaus gezeigt. Es handelt sich um Originale ? meistens 20 mal 30 Zentimeter groß, Arbeitsspuren und Hinweise zur Veröffentlichung eingeschlossen. Insgesamt hat Wolf im Laufe seines Lebens an die 15.000 Zeichnungen produziert. In Osnabrück kümmert sich die Fritz-Wolf-Gesellschaft um die Bewahrung des künstlerischen Erbes, wie stellvertretender Vorsitzender Dr. Eilhard Cordes berichtete. Ein Großteil der Werke lagert in der Universitätsbibliothek. Für die Ausstellung in Oerlinghausen wurden bislang wenig bekannte Blätter ausgewählt; sie sind in mehreren Stockwerken zu sehen. Neben den eindeutig politischen Kommentaren äußerte sich Wolf auch über nahezu alle anderen gesellschaftlichen Bereiche wie Mode, Kochen oder Emanzipation. Allerdings seien sie stark zeitgebunden, sagte Dr. Cordes. ?Vielen Betrachtern muss man erst einmal erklären, wer die Politiker wie Mitterand oder Pompidou gewesen sind?.
Stellvertretender Bürgermeister Volker Neuhöfer dankte dem Kunstverein für die organisatorische und inhaltliche Vorbereitung der Schau. In 35 Jahren seien ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis bereits rund 200 Ausstellungen zustande gekommen. Mit den Karikaturen werde zugleich auf das hohe Gut der freien Meinungsäußerung hingewiesen, sagte Neuhöfer. ?Es hat zu recht einen sehr, sehr hohen Stellenwert?. Bei Wolf habe wirklich ?jeder sein Fett weg bekommen?. Karikaturen dürften übertreiben, zuspitzen und verzerren, doch sei sich Fritz Wolf stets auch seiner Verantwortung bewusst gewesen, meinte Neuhöfer.
Die Ausstellung im Bürgerhaus endet am 26. Februar 2010. Ferner sind Kalender und Bücher mit Werken von Fritz Wolf in der Stadtbibliothek sowie beim Kunstverein erhältlich. (red)

Foto 1: Zur Eröffnung der Ausstellung sprachen Gisela Burkamp (rechts) vom Kunstverein Oerlinghausen und Dr. Eilhard Cordes von der Fritz-Wolf-Gesellschaft. Birgit Selder (links) bewundert die Zeichnungen des Karikaturisten.



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eingetragen: 11.01.2010 - 13:34 Uhr