Oerlinghausen

Freie Demokraten trafen sich im Bürgerhaus
Neujahrsempfang der Oerlinghauser FDP mit Pastor Ulrich Pohl

Oerlinghausen (gs). Wie es derzeit um die FDP steht, ist allzu offensichtlich. Dies wurde auch beim Neujahrsempfang der Oerlinghauser Liberalen offen thematisiert. Vorherrschende Meinung der Freidemokraten: Es kann jetzt nur noch besser werden. 150 Gäste waren am vorletzten Samstag der Einladung ins Bürgerhaus gefolgt.
So groß waren die Sorgen bei den insgesamt 22 Neujahrstreffen noch nie. ?Dem Patienten FDP geht es zur Zeit sehr schlecht?, bekannte der Stadtverbandsvorsitzende Lothar Jaehn freimütig, ?er liegt schon geraume Zeit auf der Intensivstation. Und die Ärzte in Berlin ? auch als Boygroup bekannt ? sind recht unterschiedlicher Auffassung, wie ihm geholfen werden kann?. Doch er bleibe optimistisch, sagte Jaehn. ?Der Patient hat sich bisher immer wieder berappelt. Er wird das Krankenhaus verlassen ? und zwar lebend?.
Dem konnte der FDP-Kreisvorsitzende Markus Schiek nur zustimmen. ?Die Partei hat schon genug gebüßt?, meinte er. Die liberale Landtagsabgeordnete Ingrid Pieper-von Heiden verwies auf die Erfolge in Düsseldorf. Eine Fundamentalopposition wolle ihre Fraktion nicht betreiben, sagte sie, denn es gebe eine Reihe von gemeinsamen Zielen mit der Minderheitsregierung. An die liberalen Werte erinnerte der FDP-Bezirksvorsitzende Frank Schäffler (MdB) und knüpfte daran den dringenden Wunsch, ?dass die FDP bald wieder Fuß fasst?.
Dass so viele Gäste zu einer Veranstaltung der Freidemokraten kommen, wertete Lothar Jaehn als positives Zeichen. Er konnte Vertreter aus allen gesellschaftlichen Bereichen, Bürgermeisterin Dr. Ursula Herbort, den Beigeordneten Hans-Jörg Düning-Gast, Vertreter aller anderen Parteien, darunter den Bundestagsabgeordneten Dirk Becker (SPD) und den neuen Bürgermeister der Partnerstadt Osterburg begrüßen. Nico Schulz, begleitet von drei weiteren Ratsmitgliedern aller Fraktionen, zeigte sich vor allem von der lockeren Atmosphäre des Empfangs angetan.
Dazu trug auch der Gastredner bei: Pastor Ulrich Pohl, Vorstandsvorsitzender der Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel und wenige Tage zuvor auch in den Aufsichtsrat des Evangelischen Krankenhauses Bielefeld aufgestiegen. Er spendete dem ?Patienten FDP? ein wenig Trost. ?Diakonie muss zu den Kleinen und Schwachen halten?, formulierte er vielsagend. Im übrigen freue er sich, ?an den Ort früherer Schandtaten zurückzukehren?. Zwischen 1985 und 1987 war er als Vikar in Lipperreihe und in der Oerlinghauser Südstadt eingesetzt. Seine damaligen Erfahrungen umschrieb Pohl mit einem Zitat des berühmten Soziologen Max Weber. Er hat im Jahr 1917 formuliert: ?In Oerlinghausen fühlt man sich wirklich geborgen gegen das Schicksal?.
Sodann ging der Theologe auf sein eigentliches Thema ?Freiheit und Verantwortung? ein. 2011 sei ein Jahr der Orientierungslosigkeit gewesen, sagte er. ?Wir sehen uns vor einer großen Herausforderung: Wie kann in Zukunft das ursprüngliche Ziel, Wohlstand und Freiheit für alle, verwirklicht werden?? Pohl berief sich unter anderem auf Luthers ?Die Freiheit eines Christenmenschen? und die Ideen der Französischen Revolution. Die humanistisch-christlichen Werte seien die Richtschnur, um persönliche Freiheit zu gestalten.
Sie dürfe aber keineswegs absolut gesehen werden und zu einem schwachen Staat führen. Weltweit, so der Referent, werden inzwischen die Vorteile eines gesellschaftlichen Systems des sozialen Ausgleichs erkannt. Wichtig sei eine Verständigung über die gemeinsamen Ziele, riet Pastor Pohl, und zitierte den verstorbenen tschechischen Präsidenten Vaclav Havel: ?Solange wir um die Freiheit kämpfen mussten, kannten wir unsere Ziele. Jetzt haben wir die Freiheit und wissen nicht mehr, was wir wollen?. (red)

Diesen Artikel versendenDiesen Artikel ausdrucken


eingetragen: 26.01.2012 - 09:20 Uhr