Oerlinghausen

SPD Oerlinghausen stellt den Bringdienst zur Diskussion

(gs). Innerhalb der kommenden 20 Jahre wird Oerlinghausen 12,5 Prozent weniger Einwohner haben. Während vor allem die unteren Jahrgänge rapide abnehmen, wird der Anteil der Rentner erheblich steigen. Die Stadt müsse sich darauf vorbereiten, meint der SPD-Ortsverein Oerlinghausen und lud zu einer Diskussion über einen möglichen Bringdienst in die AWO-Begegnungsstätte ein. Das Ergebnis: Noch ist der Bedarf nicht erkennbar.
?Im Jahr 2005 haben wir unseren Kunden einen Bringdienst angeboten?, berichtete Artur Morawietz, Leiter des Jibi-Marktes, ?es hat nur niemand in Anspruch genommen, leider nicht?. Dabei wäre der Supermarkt sogar bereit, die Waren kostenlos zusammenzustellen und vorzubereiten, bei Bedarf auch zu kühlen. ?Dafür muss ich eigens Personal abstellen, eventuell ergeben sich ja Rückfragen?, so Morawietz weiter. Lediglich der Transport hätte bezahlt werden müssen, ein Fahrdienst wollte die Bestellungen für 2,50 Euro bringen. Der Marktleiter vermutete, dass diese Kosten wohl abschreckend gewirkt haben.
?Ich habe das genaue Gegenteil erfahren?, meinte Jens Hartmann, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, ?mir sagen ältere Personen, dass ein Bringdienst eine tolle Sache wäre und sie auch dafür bezahlen würden?. Aus diesem Grund hat die SPD-Fraktion eine Initiative im Rat gestartet. ?Wir müssen uns rechtzeitig darauf einstellen?, so Hartmann.
Die Zahlen sind eindeutig: Nicht nur Oerlinghausen wird schrumpfen; bis zum Jahr 2030 wird die Einwohnerzahl bei 14.860 liegen. Ebenso deutlich ist die Tendenz, dass dann die Zahl der 60- bis 80-Jährigen um 21,5 Prozent zugenommen hat, die hochbetagten Bürger (80 Jahre und älter) werden sich sogar verdoppelt haben (plus 105,3 Prozent). Das bedeutet, dass alle Oerlinghauser im Rentenalter (60 Jahre und darüber) mit einem Anteil von 43 Prozent an der Gesamtbevölkerung vertreten sind ? das ist nahezu die Hälfte der Einwohner.
Thomas Hess, Vorsitzender der Werbegemeinschaft führte das mangelnde Interesse am Bringdienst auf die noch gut funktionierende Nachbarschaft und den Zusammenhalt in den Familien zurück. Hier sah er einen Anknüpfungspunkt, um allzu viel Bürokratie zu vermeiden. »Besser wäre, auf den Nachbarn zu achten und Mensch zu bleiben. Wie wäre es denn mit einer Aktion ?Ein Herz für Alte??«
Bis vor wenigen Jahren sei das Thema Bevölkerungsentwicklung kein Thema der öffentlichen Diskussion gewesen, erinnerte sich der frühere Ratsherr Rudi Doil (SPD). ?Ich bin überzeugt, dass wir in den nächsten Jahren ein völlig anderes Bewusstsein entwickeln werden?. Doil schlug vor, einen Kurierdienst mit einem Zivildienstleistenden einzurichten.
Ulrike Jaehn und Bärbel Meyer von der Agendagruppe Zusammenleben, Soziales, Kultur haben bei einer Umfrage ermittelt, dass der Einzelhandel in Oerlinghausen bereit ist, Waren für einen Bringdienst zusammenzustellen. Das Schuhhaus Solle besucht alte und gehbehinderte Kunden sogar daheim und bringt eine Anzahl von Schuhen zur Auswahl mit. Auch die Apotheken liefern die Medikamente nach Hause. ?Probleme gibt es nur bei den Ketten wie Aldi und Netto?, sagte Bärbel Meyer. Für ältere Menschen habe der Einkauf aber auch eine soziale Bedeutung und eine Unterbrechung des Alltags, sagte sie. Dem pflichtete auch Ulrike Jaehn bei. Dass es in Supermärkten auch einen Kaffeeausschank gebe, sei genau der richtige Weg. Ekkehard Schulz vom Initiativkreis Altenarbeit unterstützte die Argumentation und verwies auf die Ruhebänke, die in manchen Geschäften aufgestellt wurden.
Ob die Oerlinghauser bereit sind, für den Bringdienst zu zahlen ließ sich nicht eindeutig klären. Stefan Güttler von der Werbegemeinschaft verwies auf das Beispiel Weihnachtsbaumverkauf: ?Die Leute freuen sich, wenn sie für drei Euro den Baum auch noch gebracht kriegen?. Jörg Czyborra von der Buchhandlung Blume schlug vor, eine Befragung durchzuführen, um verlässliche Angaben zu erhalten. Jens Hartmann: ?Wir werden bei diesem Thema auf jeden Fall weiter am Ball bleiben?. (red)

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eingetragen: 16.04.2010 - 11:00 Uhr