Oerlinghausen

Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Helpup:
100 Jahre und ein Blick nach vorn

Oerlinghausen-Helpup (gs). Seit 100 Jahren besteht das Kirchengebäude in Helpup. Für die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde ist dies ein Anlass, das Jubiläum mit mehreren Veranstaltungen zu begehen. Zu Beginn hielt Landessuperintendent Dr. Martin Dutzmann einen Vortrag mit dem Titel ?100 Jahre Kirche / Kirchengemeinde Helpup fit für die Zukunft??.
Im Vergleich zu anderen sei die Helpuper Gemeinde relativ jung, stellte Hartmut Schulte, Vorsitzender des Kirchenvorstands, fest, als er die rund 50 Anwesenden zu dem Vortragsabend begrüßte. Die Kirchengemeinde besteht seit nunmehr 103 Jahren, das Kirchengebäude wurde vor 100 Jahren errichtet. ?Deshalb dürfen wir dankbar sein und ein wenig feiern?.
?Die Helpuper wissen doch, was sie wollen?, habe er sich bei der Vorbereitung gedacht, so Dutzmann, ?dass Sie ein Leitbild besitzen und regelmäßig überprüfen, ist doch vorbildlich?. Die enge Zusammenarbeit mit benachbarten Kirchengemeinden und die guten Erfahrungen mit dem geteilten Pfarrdienst und dem freiwilligen Kirchgeld seien gute Voraussetzungen, um die Zukunft zu meistern. ?Soweit man sich dafür fit machen kann?, schränkte Dr. Dutzmann ein, denn es gebe starke gesellschaftliche Veränderungen.
?Früher war alles einfach?, so der Referent weiter, ?es hieß: Das tut man nicht, und alle hielten sich daran. Heute dagegen ist längst nicht mehr klar, was man nicht tut?. Es gebe keine selbstverständlichen Autoritäten mehr, und in Fragen der Moral ?haben sich die Dinge verschoben?. In 18 Jahren habe er nur ein einziges Paar getraut, das nicht bereits eine gemeinsame Wohnung hatte, berichtete Dr. Dutzmann. Er sage dies aber keineswegs wertend, denn ?die Menschen wissen vieles einfach nicht, zum Beispiel, dass man im Gottesdienst die Kopfbedeckung abnimmt?. Den Konfirmanden seien selbst bekannte Gleichnisse aus der Bibel nicht bekannt, ?und wenn Sie Passanten auf der Straße nach dem Sinn religiöser Feste fragen, werden Sie Ihr blaues Wunder erleben?.
Durch etliche gesellschaftliche Tendenzen wie Individualisierung, Pluralisierung und Globalisierung sei vieles in Auflösung, auch der christliche Glauben sei nicht mehr selbstverständlich. ?Die Menschen haben einen Zugewinn an Freiheit, fragen aber zunehmend nach dem Sinn, was gut und böse, was sinnvoll und was schädlich ist?. Nicht zuletzt verändere sich die wirtschaftliche Basis: Durch den Geburtenrückgang, so der Landessuperintendent, werde die Landeskirche bis 2030 ein Drittel ihrer Mitglieder und rund die Hälfte ihrer bisherigen Einnahmen verlieren. ?Dem müssen wir uns einfach stellen?, sagte Dr. Dutzmann.
Orientierung gebe hier der nach wie vor gültige Auftrag der Kirche, der sich vom Gottesdienst herleite. Er biete den Menschen eine Vergewisserung, eine Orientierung und die Erfahrung von Menschen. Dies bedeute für die Zukunft: »Zurück zu den Grundlagen«, sagte Dr. Dutzmann. Die Mitglieder der Gemeinde müssten ihren Glauben stärker vertreten, die christlichen Werte leben und anderen Menschen die eigenen Traditionen vermitteln.
Der Kontakt zu Partnerkirchen in Polen, Ungarn oder Afrika helfe zu verstehen, »welche Auswirkungen unser wirtschaftliches Gebaren im Zeitalter der Globalisierung hat«, empfahl der Landessuperintendent. Und wenn die Kirche weniger Finanzen hat, müsse vor allem beim Personal gespart werden. Daher werde verstärkt der Einsatz von ehrenamtlichen Kräften notwendig. Auch Kirchenaustritte dürften nicht ohne weiteres hingenommen werden. ?Wir müssen unsere Mitglieder pflegen?, formulierte der Geistliche, ?wir können sie nicht einfach laufen lassen, wir müssen sie zurückgewinnen?.
Den Herausforderungen könne sich niemand entziehen, daher müsse sich jede Kirchengemeinde individuell um eine Antwort bemühen. ?Es wird auch Stress und Streit geben?, so Dr. Dutzmann, ?das ist doch klar, wenn wir das Niveau senken müssen?. In jedem Fall aber müsse ?exzellente Arbeit abgeliefert werden, um auch die zu erreichen, die in Distanz zur Kirche stehen?. (red)

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eingetragen: 31.03.2008 - 14:08 Uhr